Das
Hunter Valley ist die älteste Weinregion Australiens entlang des Hunter Flusses, der in
Newcastle in den Pazifischen Ozean mündet. Das Gebiet erstreckt sich etwa 120 Kilometer nördlich von Sydney weitere rund 60 Kilometer nach Norden. Bekannt ist das Gebiet vor allem durch seine Semillon- und Shirazweine. Die größte Stadt der Region ist Newcastle, zugleich die zweitgrößte Stadt von New South Wales. Die Anfänge des Weinbaus der Region liegen bereits in den 1820er Jahren, doch später gingen die Anbauflächen wieder zurück. Erst in den 1960er Jahren entwickelte er sich wieder zu einem bedeutenden Wirtschaftszweig. Der Besuch der mehr als hundert Weinkeller stellt eine bedeutende Touristenattraktion dar, die alljährlich an die 2,5 Millionen Menschen anzieht, insbesondere Wochenend-Besucher aus Sydney.
Gegen neun Uhr morgens starteten wir unsere Reise über den Highway Richtung
Cessnock, einer kleineren Stadt, die auch als eine Art Eingangstor ins Hunter Valley fungiert. Es war ein sehr schöner heißer sonniger Tag. Bereits die Fahrt über die Autobahn machte Spaß. Kurz vor Cessnock machte ich eine kurze Pause und blickte mich um. Rundherum war es staubtrocken, auf dürren Weiden graste ein wenig Vieh. Cessnock selber war ein biederer völlig uninteressanter Ort, dessen Menschen ich nicht besonders sympathisch fand.
Hunter Valley-Audrey Wilkinson Aussichtspunkt
Im naheliegenden Informationszentrum erhielten wir ein paar Karten und spärlich Hinweise. Man wollte uns offensichtlich aber zu einer Weinverkostung drängen, was mich zu diesem Zeitpunkt als Autofahrer gar nicht interessierte. An der
Broke Road, der wir dann folgten, tauchten endlich die ersten von mir sehnsüchtig erwarteten Weinstöcke auf. Das umliegende Buschland war so trocken, dass ich mich fragte, wie hier überhaupt Wein gedeihen konnte. Doch er konnte, wie die vielen großen Winzerhöfe bewiesen. Wir bogen in die
Hunter Valley Gardens ab und spazierten im äußeren Gelände umher, ohne jedoch die aufwändig gestalteten Anlagen zu besuchen. Am Eingang lag eine kleine Kirche, die ein wenig Schatten spendete. An einem kleinen Teich wurde Aqua-Golf angeboten. Die Spieler schlugen vom Land aus in Netzkörbe im Wasser. Ein großes Netz unter Wasser sammelte die Unmengen von verschlagenen Golfbällen. Die Straße namens Broke Road faszinierte mich auf ihre Art, es sah alles so angenehm sommerlich wie in sehr trockenen Jahren am Neusiedlersee aus. Nachdem ich die Weinberge schon hinter mir gelassen hatte, bog ich in eine Schotterstraße ein. Immer wieder gab es kleine Bäche, die manchmal Wasserlöcher aufstauten. Die Rinderzucht schien hier ebenfalls eine gewisse Bedeutung zu haben.
Hunter Valley-Bimbadeen Lookout
Wir fuhren die Straße wieder zurück und steuerten ein paar Aussichtspunkte an, die uns vom Infocenter genannt wurden. Der
Audrey Wilkinson Punkt bot eine großartige Übersicht auf das von Bergen umgebene Tal mit den vielen kleinen Seen und Teichen. Der
Pokolbin Mountains Road Lookout war hingegen mit meinem Auto schon ein wenig schwieriger zu erreichen. Die mitunter steile geschotterte Bergstraße bot tolle Ausblicke, mein Toyota mit dem unnützen tiefen Frontspoiler hatte aber seine liebe Not. Vereinzelt lagen im Tal auch ein paar Olivenhaine verstreut. Als letztes fuhren wir den
Bimbadeen Lookout an. Es gab nicht mehr viel Neues zu sehen, doch die ganze Region mit den Weinstöcken, Hügeln, Winzerhöfen, Teichen und Seen war sehr malerisch. Ich mochte diese Gegend. Nach ungefähr fünf Stunden Aufenthalt im schönen Hunter Valley ging die Reise weiter wieder an die Küste. Gloria hatte noch einen Geheimtipp auf Lager, den wir uns am nächsten Tag anschauen wollten. Es trat leider ein, was ich nicht sehr schätzte, nämlich, dass es spät geworden war, und wir noch unterwegs waren, ohne eine Unterkunft gebucht zu haben. So erreichten wir im dichter werdenden Verkehr nach 19 Uhr
Nelson Bay und begannen mit der Suche eines geeigneten Motels. Vorher hatten wir uns noch mit ein paar Lebensmitteln beim zufällig an der Straße liegenden Aldi eingedeckt.
Die Nelson Bay in Nelson Bay
Was das Kartenlesen und die organisatorischen Fähigkeiten anging, war Gloria keine Hilfe, eher eine Last, das lag alles bei mir. Als Fahrer war ich schon ein wenig müde und enttäuscht über die mangelnde Unterstützung. Endlich fanden wir ein geeignetes Motel, warfen unsere Sachen hinein und gingen etwas essen. Wir fanden einen Chinesen im ersten Stock eines Lokals, der allerdings eine Enttäuschung blieb. Gloria war ein wenig betrübt, da ihr Sohn im Spital weilte, und dieses weit weg von ihrem Zuhause lag. Daher versprach ich ihr bei der Rückfahrt, diesen kleinen Umweg für sie zu unternehmen.
Die umwerfende, geschützte Bucht
Port Stephens liegt etwa eine Fahrstunde nördlich von Newcastle und erstreckt sich mehr als zwanzig Kilometer landeinwärts. Sie wird im Süden von der
Tomaree Peninsula begrenzt, die mit herrlichen Stränden, Nationalparks und einem außergewöhnlichem System von Sanddünen aufwarten kann. Der Hauptort Nelson Bay beheimatet eine Fischereiflotte und eine ganze Armada von Touristen-Ausflugsbooten, die dem Ort den Beinamen „Delphin Hauptstadt von Australien“ verliehen haben.
Nach dem Auschecken aus dem durchaus passablen Motel wanderten wir in Richtung Hafen. Am Kai lagen auch die Marina, eine kleine Bootswerft und die Anlegestelle für die Delphin-Beobachtungsfahrten. Am Ufer waren einige Pelikane zu sehen. Vom Norden schimmerten helle Sandstrände über das dunkelblaue Wasser. Nach einem kurzen Frühstück im Stadtzentrum holte ich den Wagen und wir fuhren zur Nelson Bay. Die Bucht ist mit einem herrlichen Strand gesegnet, der gegen Haie gesichert ist. Wir wanderten auf einem schmalen Pfad den Strand entlang, der zunehmend von großen wunderschönen Steinen bestückt war und ließen uns schließlich auf einem der Felsen zu einem Sonnenbad nieder. Das Wasser war ziemlich kühl und eine flussartige Strömung war in Ufernähe zu erkennen. Zum Schwimmen oder Baden war dieser Bereich gänzlich ungeeignet, die Fernsicht auf vorgelagerte Inseln und deren Strände war jedoch großartig. Die Szene stellte den perfekten Kontrast zum trockenen Hunter Valley des Vortags dar. Es war ein Genuss, dort zu sein. Vor unseren Augen kreuzten die Delphin-Boote. Für diese Tour blieb mir leider keine Zeit. Am Rückweg fielen mir die schönen Wohnhäuser in Ufernähe auf, wo auch noch Wohnungen zu bekommen waren.
Atemberaubender Ausblick vom Tomaree Head Summit in Nelson Bay
Östlich der Nelson Bay liegt die unwesentlich kleinere
Shoal Bay mit einem langen Strand, der zum Schwimmen geeignet ist, speziell vormittags, wenn der Wind schwach ist. An der Landspitze zwischen den beiden Buchten liegt das
Nelson Head Heritage Light House Cottage mit einem kleinen historischen Museum und einem Kaffeehaus. Ein erstes Signallicht wurde hier im Jahr 1792 errichtet, nachdem viele einfahrende Schiffe in Seenot gerieten und zahlreiche Todesopfer zu beklagen waren. Der Blick auf Port Stephens war inspirierend. Nach dem kurzen Besuch beim alten Leuchtturm fuhren wir weiter zur Shoal Bay, um den
Tomaree Nationalpark zu besuchen. Vom Parkplatz aus gab es zwei Optionen für eine Wanderung, entweder auf den im Süden der Halbinsel gelegenen
Zenith Beach zu gehen oder den etwas anstrengenderen
Tomaree Head Summit Walk zu unternehmen. Es war keine Frage, dass wir auf den kleinen Berg stiegen, um zu sehen, was dort am Gipfel auf uns wartete. Der Aufstieg über den Walking Track war anstrengend und führte teils über steile Gitterstufen. Je höher wir kamen, desto unglaublicher wurde die Aussicht. Gloria hielt sich tapfer in meinem Windschatten, alleine wäre sie da allerdings nicht hinauf gegangen. Es war gnadenlos heiß, und nur der Wind ließ ein wenig Kühlung zu. Auf den Gipfelplattformen angekommen bot sich ein Panorama wie ich es noch niemals erlebt hatte, es war wie aus dem Paradies.
Ein weiterer fantastischer Blick vom Tomaree Head Summit
Zwischen wunderschönen Sandstränden erhoben sich als Trennlinie runde sanfte Hügel und boten an der Küstenlinie ein Bild für Götter. Die See war allerdings rau und zum Baden wenig geeignet. Auf kleinen vorgelagerten unbewohnten Inseln brüteten bedrohte seltene Vogelarten. Zwischen Juni und Oktober können von diesem Punkt aus Wale auf ihrem Zug von südpolaren Regionen nach Norden in die Region um Queensland gesichtet werden. Am Rückweg nahm ich noch einen weiteren Weg alleine in Angriff, um eine alte
Maschinengewehrstellung aus dem Zweiten Weltkrieg zu besichtigen.
Fort Tomaree hatte mit rund 500 Mann damals die Aufgabe, feindliche Schiffe am Eindringen in den natürlichen Hafen Port Stephens zu hindern und letztendlich die Stahlwerke in Newcastle zu schützen.
Nach diesen atemberaubenden Ausblicken fuhren wir zurück in den Süden nach Newcastle. Wir streiften den weltweit größten Exporthafen für Kohle am Hunter River nur kurz, doch was ich sah, gefiel mir. Newcastle hat etwas mehr als dreihunderttausend Einwohner und ist über viele Strecken von Wasser umgeben. Zum Abschluss wollte ich mir noch den Leuchtturm von
Norah Head, wieder ein Stück weiter im Süden am Weg zurück nach Sydney, ansehen.
Auch an dieser Stelle des Ozeans zerschellten im Laufe der Jahrhunderte zahllose Schiffe und im Jahr 1903 wurde schließlich der Leuchtturm errichtet. Ich stieg die Stufen zum Meer hinab auf ein großes Felsplateau, auf welches die tosende See immer wieder durch schmale tiefe Rinnen Wasser hereinspülte. Dazwischen lag ein goldener Sandstrand im Sonnenuntergang. Beim Zurückgehen traf ich auf ein italienisches Ehepaar, das schon jahrzehntelang in Australien lebte und plauderte ein wenig mit den freundlichen Menschen. Ich war froh, den Weg nach Norah Head gefunden zu haben.
Als letzter Programmpunkt dieses sehr langen Tages stand die Fahrt nach
Wyong ins Spital auf der Liste, wo Gloria ihren Sohn besuchte. Gegen 21 Uhr trafen wir dann in Sydney ein, nachdem mir Gloria zuvor noch ein paar irreführende „Anweisungen“ zur Route gegeben hatte. Zum Glück hatte ich das GPS und meinen Orientierungssinn, denn sie konnte – wie ich leider herausfinden musste – keine Straßenkarte lesen. Ich schlug vor, dass sie es lernen sollte. Als Tagesausklang gab es ein gutes Abendessen.
Freshwater Beach in Sydney
Gloria fuhr am nächsten Morgen in ihre Arbeit ins Info-Center in Manly, während ich den neuen Tag zur Erholung, ausgiebigem Essen, Arbeit und Nichtstun nützte. Am Abend ging ich früh schlafen, denn ein Tag ohne ausreichende Energie war für mich eine halbverlorene Zeit.
In diesen Tagen führte ich ein Leben wie ein junger Hund. Es war Sonntag, der 2. Februar, und ich stand erst gegen neun Uhr auf, obwohl ich zeitig zu Bett gegangen war. Das ständige Reisen war anstrengend, das merkte ich nun, wo ich lange Zeit an einem Ort blieb und noch dazu umsorgt wurde. Nach dem Frühstück fuhren wir in die Shopping-Mall. Ich wollte mir ein paar Sommersachen zum Anziehen und insbesondere das mobile Internet per Plug-In-Stecker besorgen. In Australien war das Internet selten im Hotelpreis inkludiert und extrem teuer, da lohnte sich so eine Anschaffung durchaus. Nach einem weiteren Lebensmitteleinkauf fuhren wir zum
Freshwater Beach, der ein Stück nördlich von Manly liegt. Da Wochenende und schönes Wetter war, herrschte reger Betrieb. Ich watete durch das Wasser und sonnte mich eine kurze Zeit auf einer kleinen Anhöhe. Man konnte von meinem Standort aus gut nach Manly und auf die verschiedenen Strände blicken. Gloria war bald müde und daher fuhren wir wieder nach Narraweena zurück. Mir war es egal, denn ich hatte ohnehin genug Arbeit am Computer zu erledigen. Nach dem Abendessen genoss ich noch eine fantastische Eiscreme.
Es war einfach fantastisch, was man in der nahen Umgebung einer Millionen-Metropole wie Sydney alles erkunden konnte. Gloria besuchte einen Sprachkurs für ihre Europareise, während ich zunächst meine Arbeit am Notebook voran trieb und dann meinen Ausflug startete. Dank guten Kartenmaterials im Internet konnte ich ohne GPS losfahren. Es ging wieder nördlich zunächst Richtung Palm Beach, doch bevor sich die lange Landspitze öffnete, bog ich nach Nordwesten ab.
Church Point, ein Ort an der riesigen Bucht, die in Palm Beach und gegenüber am West Head ihren Ausgang nimmt, war mein erstes Ziel. Die Anreise verlief vollkommen problemlos, ich fuhr in der Zwischenzeit so selbstverständlich wie in Österreich. Da war ich wieder in eine wunderschöne Gegend gekommen, und die Sonne lachte vom Himmel. Ich brauchte eine Weile, um einen geeigneten Parkplatz zu finden, denn die Straße lag eng am Meer und auf der anderen Seite ging es bergauf. Hier lagen in vielen kleinen Marinas größere und kleine Boote. Auch eine Fährverbindung wurde angeboten. Ich wanderte eine steile Straße vorbei an einem historischen Friedhof hinauf, in der Hoffnung einen tollen Aussichtspunkt zu erreichen. Leider war alles bis oben dicht verbaut, und meine Mühe war vergebens. So bekam ich nur schöne Häuser in Hanglage zu Gesicht. Mir gefiel es hier, ich hatte immer den richtigen Riecher.
Sydney-Ku Ring Gai Chase National Park
So wie in Asien mit dem Motorbike, fuhr ich in nun Australien mit dem Auto auf Erkundungstour. Ich folgte der engen Straße und kam bald in ein weiteres landschaftlich reizvolles Gebiet, den
Ku-Ring-Gai Chase National Park. Von diesem Park hatte ich vorher keine Ahnung gehabt, doch da ich nun schon einmal hier war, fuhr ich weiter und blickte mich um. An einer Kreuzung kam ich zur
West Head Road, die tiefer in den Park eindringt und zum West Head Lookout gegenüber von Palm Beach führt. So weit wollte ich an diesem Tag aber nicht fahren, denn ich hatte Anderes vor. Daher blieb ich an einem Parkplatz am Eingang des Nationalparks stehen und genoss die Idylle entlang eines Baches. Rundherum standen Bäume und auf der anderen Straßenseite Buschland. Alles war überaus trocken. Mitten hindurch schlängelte sich die gut ausgebaute Straße. Am Rückweg blieb ich an der
McCarrs Creek Reserve stehen und ging zum Fluss hinunter. Da waren so viele schöne Plätze direkt nebeneinander. Der Fluss mündete nicht weit entfernt in die Bucht und somit ins Meer. Auch dort lagen viele Boote in der Marina und an den Hängen standen schöne Häuser. Ich hielt mich eine Weile in diesem Schutzgebiet auf und machte mich dann auf den Weg nach Palm Beach. Es war schon nach 16 Uhr, doch ich ließ mich nicht beirren.
Life Guard am Palm Beach in Sydney
Am Plan stand der Besuch des
Barrenjoey Leuchtturms auf einem großen Felsen in Palm Beach. Die Gegend kannte ich schon, somit war die Anreise schnell erledigt. Am Wasser sah ich ein paar Kiter ihre Künste vollführen. Das würde ich auch gerne so meisterlich können, wie diese Jungs da in der wilden See. Ich hatte es einmal vor Jahren probiert, war aber nicht weit gekommen. Es schaute so einfach aus, wie sie mit Wind und Wellen spielten. Am Ufer saß ein Life-Guard unter einem roten Schutzdach. Das sah witzig aus. Mit der Sicherheit nahm man es hier genau, offenbar aus gutem Grund. Der Leuchtturm war nicht mehr weit entfernt, er war gut zu sehen, doch der Weg auf den Felsen schien mir unklar. Die Straße war zu Ende, und ich musste über den Sand gehen, was sehr anstrengend war. Ein tiefer Sandpfad führte zum Felsen. Dann gabelte sich der Weg. Ich fragte eine Frau nach der Richtung. Sie schickte mich zu den Dünen vor dem Felsen, wo ein lebensmüder Jogger in der Gluthitze seine Runden drehte. Ich stapfte die Dünen hinauf, fand aber keinen Eingang. Die dumme Australierin hatte mir den falschen Weg genannt. Ich musste auf die andere Seite der Landenge zum Meer gehen und dort am Strand den Eingang suchen. Dort wurde ich bald fündig und erblickte einen Hinweis auf den
Smugglers Track, der zum Turm führte. Ein steiler schmaler Weg ging hinauf. Anfangs drängte sich der Pfad an den Felsen vorbei bis sich das Land öffnete, und ich verkohlte Baumstümpfe sah. Hier hatte offenbar ein Buschfeuer gewütet. Es war wüstenartig heiß, doch ich war bald oben angelangt.
Barrenjoey Lighthouse in Sydney-Palm Beach
Der Rundblick war traumhaft, damit hatte ich nicht gerechnet. Gut, dass ich drangeblieben war. Ich sah nicht nur auf die Landenge, die ich vorher durchschritten hatte, sondern auch noch weiter auf die offene See hinaus und auf umliegende unbewohnte Inseln. Es blies ein kräftiger Wind von der See herein, doch kalt war es dennoch nicht. Am Gipfel traf ich auch zwei junge Japanerinnen, von denen eine am nächsten Tag nach Tasmanien zur Obsternte flog. Viele Backpacker kommen nach Australien und finanzieren sich ihren Aufenthalt mit solchen Jobs. Sie erzählte mir, dass man für diese Arbeit ungefähr zwölf australische Dollar pro Stunde erhielt. Danke nein, war mein Gedanke, diese Zeiten sind ein für allemal vorbei für mich. Und so wie ich die Australier bisher kennen gelernt hatte, nutzten sie diese Leute sicher ordentlich aus. Nach ein paar Fotos verließ ich die sehenswerte Stätte wieder und machte mich auf den Rückweg. Was für ein herrlicher Tag. Ich hatte viele beeindruckende Naturschönheiten gesehen. In der Abendsonne leuchteten der Strand und der Felsen mit dem Leuchtturm besonders reizvoll. Ein toller Fleck Erde, und so nahe an der Stadt. Kurz nach 19 Uhr fuhr ich in Narraweena ein und ließ mir ein herrliches Abendessen schmecken. Danach saß ich noch eine Weile vor dem Computer.
Terrigal an der Central Coast
Am folgenden frühen Morgen ging es munter weiter mit den Ausflügen. Gloria wollte mir den Küstenort
Terrigal, der in etwa auf halber Höhe zwischen Sydney und Newcastle an der
Central Coast liegt, zeigen. Ich war schon sehr gespannt, was mich erwarten würde, denn nach dem sensationellen Trip nach Nelson Bay war ich verwöhnt. Leider mussten wir vorher noch einen ziemlichen Umweg zur Wohnung ihres Sohnes in Sydney machen, da sie für ihn Kleidung ins Spital mitnehmen wollte. Als wir schließlich kurz nach 11 Uhr vormittags in Terrigal ankamen war es heiß und die Sonne schien. Ich parkte den Wagen in einer Besuchergarage und wir gingen zum schönen goldfarbenen Strand, der sich innerhalb einer Bucht halbkreisförmig erstreckt. Dahinter lag das Crowne Plaza Terrigal Hotel, ein riesiger unschöner Block, der mir gar nicht gefiel. Wir waren aber nicht zum Baden gekommen und wanderten eine kleine Anhöhe am Ende des Strandes hinauf. Dort gab es einen weiteren großen Parkplatz, eine große Grünfläche und dem Meer zugeneigt einige interessante Aussichtspunkte. Entlang der Straße standen schöne Villen und Wohnhäuser. Im Gras lag ein Schlüsselbund. Ich nahm ihn an mich, um ihn später bei der Polizei abzugeben. Plötzlich sah ich zwei Mädchen an genau der Stelle, die den Boden absuchten. Der Bund gehörte einem der Girls, sie konnte mir die Automarke ihres Wagenschlüssels nennen.
Apartments in Terrigal an der Central Coast
In den Gewässern vor der Küste verläuft auch der
Humpback Highway, die Marschroute der Buckelwale in Richtung Norden im Juni und Juli zu ihren tropischen Brutplätzen, sowie in die entgegengesetzte Richtung im Oktober und November. Leider war im Februar davon nichts zu sehen. Das Wetter verfinsterte sich auf einmal und es wurde kühl und regnerisch. Unten am Ufer lagen riesige Steinplatten, auf denen Besucher und Fischer zu sehen waren. Bei plötzlich auftretenden Riesenwellen konnten diese überspült werden und binnen Sekunden zu einem lebensgefährlichen Standort mutieren. Eine Liste von gestrandeten einst stolzen Schiffen wies auf die Schiffswracks hin, die nun am Grunde der Central Coast der Wohnplatz vieler Meerestiere geworden waren und erforscht werden konnten. Auch eine Unterwasserhöhle war zu besichtigen, wenn man tauchkundig war. Es begann endgültig zu regnen. Wir stiegen ins Auto und fuhren weiter. Terrigal hatte mich ein wenig enttäuscht.
Ein Stück weiter im Norden gibt es einen Ort, der durch seinen Namen bereits mehrfach seine Aufmerksamkeit auf mich gezogen hatte.
The Entrance, was „Eingang“ oder „Einstieg“ bedeutet, liegt ebenfalls an der weithin unberührten Central Coast von New South Wales, an der Stelle wo der herrliche
Tuggerah Lake auf den Pazifischen Ozean trifft.
The Entrance am Tuggerah Lake an der Central Coast
Leider hielt ein leichter Regen an, was die Erkundung ein wenig behinderte. Der flächenmäßig riesige See schien mir eher ein Naturreservat für Vögel und diverse Pflanzen, die auch im salzhaltigen Wasser überleben können. An der Mündung des Sees floss das Wasser wie in einem kleinen Fluss, ein wenig außerhalb landeten schwere Wellen an der Küste. Der Eingang wurde von einer flachen Brücke überspannt, und eine Reihe von flachen Sandinseln erhob sich leicht aus dem Wasser. Bei Sonnenschein wäre die Ansicht sicher spektakulärer ausgefallen, als bei dem trüben nasskalten Wetter. Straßenseitig gab es schöne Wohneinheiten zu sehen. The Entrance ist seit rund zweihundert Jahren ein beliebtes Erholungsgebiet, da es sowohl zu Newcastle als auch Sydney nicht weit ist.
In einer kleinen Einkaufsmeile liegen unzählige Shops und Märkte. Ich wanderte die Straße entlang, während Gloria beim Auto wartete, da der Nieselregen immer lästiger wurde. Unbedingt wollte ich über die Brücke fahren und den Ausblick erleben. Da es neblig geworden war, konnte ich nicht besonders viel erkennen. Abschließend fuhr ich noch ein Stück nach Norden, um nach schönen Plätzen Ausschau zu halten.
Pelikane am Tuggerah Lake an der Central Coast
An einem Strandabschnitt entdeckte ich eine Kolonie von Pelikanen. Die Tiere hatten einen schönen Platz zum Nisten gewählt. Noch ein Stück weiter wäre
Norah Head gelegen, dessen Landspitze mit schönem Leuchtturm ich bei Prachtwetter bereits gesehen hatte. Wir drehten um und fuhren nach Hause. Ins Spital mussten wir nicht mehr, da Glorias Sohn in der Zwischenzeit völlig überraschend nach Sydney verlegt worden war. Somit war auch der Umweg am Morgen unnötig gewesen.
Das Wetter blieb am nächsten Tag in Sydney überraschend kühl. Meine geplante Schiffsreise Palm Beach & Hawkesbury River Cruise verschob ich aufgrund der miesen Witterung auf unbestimmte Dauer. Die spontan zur Verfügung habende freie Zeit nützte ich für meine Computerarbeit, da gab es immer genug zu tun. Draußen im Freien wirkte es fast ein wenig herbstlich, was die Stimmung nicht gerade anhob. In der Nacht fror ich sogar ein wenig, so tief hatte es abgekühlt.
Auch in Australien war man vom heimischen Finanzamt nicht verschont. Da das Wetter weiter schlecht blieb, erledigte ich die unangenehme Überweisung an die Finanz. Zum Glück ging alles durch, denn die Behörde würde meine Ausreden bei Nichtgelingen kaum jemals akzeptieren.
Sydney Northern Beaches-Long Reef Beach
Weiter nützte ich die Zeit, um mir endlich ein paar konkrete Gedanken über meine Reise nach Melbourne und Adelaide zu machen. Bislang hatte ich nur einige vage Ideen. Doch aus meiner Erfahrung wusste ich, dass die Intuition zum gegebenen Zeitpunkt besser klappen würde als jede zu genaue rationale Planung. Auf mein Gefühl war diesbezüglich Verlass.
Das erste Mal probierte ich in Australien einen
Friseur aus. Er war der Sohn ausgewanderter Italiener, daher konnte ich mit Recht Einiges erwarten. Dennoch siedelte ich nach der vollen Enttäuschung bei der Pediküre meine Erwartungshaltung nicht zu hoch an. Diesmal gelang das Werk, und ich konnte zufrieden meiner Wege ziehen. Nach einem kurzen Einkaufsstopp setzte ich zu Hause meine Arbeit am Computer fort.
Am späten Nachmittag unternahm ich mit Gloria einen kurzen Ausflug. Sie führte mich zum
Long Reef Beach, der zu den Northern Beaches gehört. Die ganze Gegend war ein einziges Erholungsgebiet für Menschen, der Strand und die Uferbereiche waren als Reservat für im Wasser lebende Tiere gekennzeichnet.
Spaziergang entlang des Dee Why Beach an den Sydney Northern Beaches
An manchen Stellen in Ufernähe war das Wasser dunkelbraun-rot gefärbt. Das war keine Verschmutzung, sondern hing mit den Pflanzen, die hier lebten, zusammen. Ein paar Kite-Surfer vergnügten sich in der nicht allzu wilden See. Neben dem Küstenweg erstreckt sich ein schöner Golfplatz an einem sanften Hügel. Vom
Long Reef Point aus ließ sich gut über die Bucht blicken. Wir gingen den Hügel weiter hinauf, bis wir auf einer Aussichtsplattform ankamen. Dort ließen zwei Männer ihre tollen ferngesteuerten Modellsegler aus Holz gekonnt durch die Lüfte fliegen. Manchmal kamen die Flieger den Passanten ziemlich nahe. Auf der anderen Seite der kleinen Erhebung liegt der nicht minder schöne
Dee Why Beach. Zwischen drinnen suchten sich Surfer die besten Wellen. Von oben war es toll, den Burschen zuzuschauen. Wir gingen die Runde um den Golfplatz zu Ende. Ein Holzsteg leitete uns abschließend durch ein wenig Unterholz wieder auf die freie Wiese und zurück zum Auto.
In Narraweena wollte ich mir noch einen Aussichtspunkt, an dem ich schon öfters vorbeigefahren war, anschauen. Wir parkten den Wagen vor einem Fußballplatz-artigen Feld auf einer satten Anhöhe und wanderten einen mittelsteilen Weg zum
Governor Phillip Lookout hinauf. Am Gipfel wehte die australische Flagge und eine Inschrift erinnerte an die Erkundung des Kontinents am Seeweg.
Governor Phillip Lookout mit Blick auf Manly und das North Head in Sydney Narraweena
Ein Teil der Route des Governors im Jahr 1788 kann von diesem Punkt aus eingesehen werden. Tatsächlich bot sich ein Fernblick quer über North und South Head und den Hafen bis in die City.
Ein drittes und letztes Mal fuhr ich nach Palm Beach. In dieser Umgebung gab es wahrlich viel zu erkunden, und das vom Feinsten. Ich wollte vom Landungssteg in Palm Beach aus einen rund sechzig Kilometer langen
River Cruise in ein landschaftlich sehr reizvolles Gebiet buchen. Ein wenig Sorge hatte ich noch wegen eines Parkplatzes in der Nähe, doch das Glück stand mir bei, und ich musste nur einen kleinen Hügel überqueren, um zur Abfahrtsstelle zu gelangen. Von oben hatte ich überdies einen schönen Rundblick auf den pittoresken kleinen Hafen. Für elf Uhr war die Abfahrt vorgesehen. Ich fand mich ein wenig früher ein, um einerseits Fotos zu machen und andererseits auch die Abfahrt nicht zu verpassen, denn das war meine letzte Gelegenheit vor meiner Abreise aus Sydney. Das Wetter war wie aus dem Bilderbuch. Ich marschierte den langen Steg bis zum zweigeschossigen bereits wartenden Boot entlang, kaufte ein Ticket und begab mich auf das sonnengeschützte Oberdeck. Die Fahrt führte über die geschützte
Careel Bay hinaus in die offene
Broken Bay und dann weiter über den
Lower Hawkesbury River und
Cowan Waters bis nach
Bobbin Head weit im Landesinneren.
Gleich nach der Abfahrt sah ich auf der rechten Seite vor der Ausfahrt ins offene Meer den herrlichen Barrenjoey Leuchtturm von der Landspitze herüberschauen. Gegenüber liegt
West Head mit dem Ku-Ring-Gai National Park. Einen besonderen Anblick in dieser Umgebung bietet auch das kleine unbewohnte
Lion Island, das am Eingang der Broken Bay Wache steht. Da Wochenende war, herrschte am Wasser Hochbetrieb. Vor uns war eine Segelregatta gestartet, und auch Stehpaddler waren zu sehen. Nach dreißig Minuten legten wir erstmals kurz in
Patonga nordwestlich vom West Head an einem schönen Strand an, um einige Passagiere abzusetzen. Würde man in diese kleine Stadtgemeinde von Palm Beach mit dem Auto fahren wollen, wären an die 130 Kilometer zurückzulegen, auf dem Wasserweg sind es bloß acht Kilometer. Dann ging die Reise tiefer ins Landesinnere vorbei an geschützten bewaldeten Felshügelketten. Das Wasser präsentierte ein schönes Blau und die Fahrrinne war noch breit, begann aber, sich langsam einzuengen. Immer wieder passierten wir Landspitzen mit Formationen großer Felsblöcke. Dann öffnete sich die breite schöne Rinne des Hawkesbury River und ich konnte flussaufwärts die bemerkenswerte
Hawkesbury River Railway Bridge des
Pacific Motorways in der Ferne erkennen, die mir schon auf der Fahrt in die Blue Mountains aufgefallen war.
Start eines Wasserflugzeugs während des Sydney-Palm Beach & Hawkesbury River Cruise
Wir folgten jedoch der schmäler werdenden Schleuse der Cowan Waters in Richtung Bobbin Head. Überall in den zahllosen Buchten mit teils herrlichen Sandstränden ankerten Motorboote und Yachten. Da schwammen einige millionenteure Luxusboote in den ruhigen Gewässern. Und nicht nur das, man konnte auch Wasserflugzeugen beim Starten und Landen zuschauen. Das klappte alles sehr harmonisch miteinander. Nach einem weiteren kurzen Zwischenstopp bei einem Restaurant direkt am Wasser waren wir dem Etappenziel schon sehr nahe. Es ging weit ins Landesinnere und infolge der zahlreichen Biegungen und Kurven war es schwer, die Orientierung zu behalten. Eine Bucht glich der anderen, und ringsherum stand überall der staubtrockene Eukalyptuswald.
Kurz vor dreizehn Uhr erreichten wir Bobbin Head. Nun hatten alle Passagiere, die wieder zurückfahren wollten, eine Stunde Zeit, um die Gegend zu erforschen, oder sich kulinarischen Genüssen hinzugeben. Manche blieben auch dort, weil man vom Festland natürlich auch mit dem Auto in die Stadt zurück fahren konnte. Ich folgte einem Wandertrack, der auf einen Hügel über der großartigen Marina führte. Dort lagen an die zweihundert riesige sündhaft teure Yachten und alles war bestens organisiert.
Scharfe Brise während der Rückfahrt vom Sydney-Palm Beach & Hawkesbury River Cruise
Kaum weg vom Wasser wurde es im trockenen Busch- und Waldland fast unerträglich heiß. Das konnte mich nicht stoppen, da ich es bereits gewohnt war. Ich musste nur aufpassen, dass ich das Boot nicht verpasste, denn warten würde der Kapitän sicherlich nicht auf mich. Von oben hatte ich einen guten Blick durch die Bäume auf den Yachthafen. Rechtzeitig kam ich wieder an Bord, wobei zunächst viel weniger Passagiere als bei Ankunft mit dabei waren. Nun ging es die malerische Strecke wieder zurück. Eine beträchtliche Anzahl von Gästen stieg erst bei den zwei weiteren Stationen später zu.
Schon bei der Herfahrt war mir aufgefallen, dass in einem bestimmten Gebiet große Quallen herumtrieben. Diese sahen nicht sehr appetitlich aus und verdarben das schöne Bild ein wenig. Je weiter wir aus der Enge der Wasserrinne im Landesinneren herauskamen, desto stärker wurden auf einmal Wind und Seegang. Obwohl die Sonne noch immer strahlend vom Himmel schien, war es durch den Wind kühl geworden. Viele Segelyachten kreuzten in halsbrecherischer Schräglage auf Höhe. Erst als wir abschließend wieder in den geschützten Hafen einliefen, war es vorbei mit der Kälte. Gegen 15 Uhr 30 nach etwa viereinhalb Stunden Dauer war die attraktive kleine Schiffsreise vorbei.
Hochzeit am Strand in Sydney-Palm Beach
Mit dem Auto erkundete ich vor der Heimfahrt noch die Villengegend auf der Anhöhe in Palm Beach. Hier gab es teils atemberaubende Ausblicke in herrlichen Wohngegenden. Als ich erneut unten am Strand ankam, war gerade eine
Hochzeit mitten im Sand im Gange. Der Standesbeamte sprach die entscheidenden Worte. Eine Stretch-Limousine stand auf Abruf bereit. Eine kleine Schar von Zusehern beobachtete so wie ich das interessante open-Air-Geschehen.
Am Sonntag, den 9. Februar fuhr ich erstmals in den Süden für einen größeren Ausflug.
Port Hacking mit den beiden Orten
Cronulla und
Bundeena gehört zum
Sutherland Shire und liegt etwa fünfundzwanzig Kilometer südlich vom CBD in Sydney. Während Cronulla ein richtiges Freizeitzentrum mit allen diesbezüglichen Annehmlichkeiten repräsentiert, liegt die kleine Gemeinde Bundeena bereits im
Royal National Park und stellt den idealen Ausgangspunkt für Wanderungen im Busch, Radfahren, Schwimmen und Picknicken dar. Der Royal National Park wurde bereits im Jahr 1879 eröffnet und ist damit nach dem Yellowstone Park in den USA der zweitälteste Nationalpark der Welt. Der Park mit atemberaubenden Ausblicken auf das Meer besteht aus subtropischem Regenwald, windverblasenen Küstenbuschland,
Coast Walk im Royal National Park in Sutherland
Schluchten und Rinnen aus Sandstein mit Eukalyptusbewuchs, Süßwasser- und Meeresmarschland, sowie einsamen Stränden. Das Gebiet ist die Heimat des
Dharawal-Stammes und beherbergt zahlreiche Aborigines-Stätten. Die Grenze des Nationalparks verläuft ab Port Hacking und erstreckt sich weitere zwanzig Kilometer in den Süden. Von Port Hacking aus beginnt auch der spektakuläre sechsundzwanzig Kilometer lange
Coast Track, für dessen Gesamtlänge man zwei Tage einplanen muss. Seit dem Jahr 2006 ist der Park als UNESCO-Welterbe gelistet.
Ich landete zielgenau in Cronulla, hatte aber anfangs meine liebe Not, einen Parkplatz zu finden, da am Wochenende offenbar ganz Australien auf den Beinen war. Dann bog ich einfach in eine Seitenstraße ab und fand sofort neben einem Sportplatz einen passenden Platz für mein Auto. Und wie es der Zufall so will, lag keine dreihundert Meter entfernt der Fährhafen nach Bundeena. So wartete ich geduldig auf die kleine Fähre. Ein weiterer „Zufall“ brachte mich dann endgültig auf die richtige Spur. Ich lernte eine Polin kennen, die in Sydney arbeitet und lebt, und sie lud mich freundlicherweise ein, mit ihren Freunden den Marsch über Teile des Küstenwanderwegs mitzumachen.
Felsklippen der anderen Dimension im Royal National Park in Sutherland
So setzten wir zunächst mit dem kleinen Schiff auf einer reizvollen Fahrt nach Bundeena über und warteten dort auf ihre Leute. Ich muss zugeben, dass ich alleine meine Schwierigkeiten gehabt hätte, den weiteren Weg zu finden. Plötzlich standen ihre Freunde vor uns, und mit dem Auto ging es weiter zum direkten Eingang des Coast Walks. Das wäre noch ein ordentliches Stück zu Fuß gewesen bis zu diesem Punkt. Da hatte ich Glück gehabt. Doch dann ging es los. Insgesamt waren wir nun sieben Leute, sechs Polen und ich. Die polnische Sprache war mir durch meine polnischen Nachbarn in Klosterneuburg, meiner Heimatstadt, gut vertraut.
Um ehrlich zu sein, hatte ich von dieser Wanderung keine allzu großen Erwartungen. Ich nahm an, dass wir nun ein wenig durch das Buschland der Steilküste gehen würden. Wir taten das auch, doch zwischendurch löste ein sensationeller Blick den nächsten ab. Von der Ausgangshöhe konnte man schon einen tollen Ausblick auf das Meer und das umliegende Festland genießen. Wir folgten einem schmalen festen Sandpfad, der sich gelegentlich verbreiterte, durch mannshohes Buschgewächs. Dann kamen wir auf ein weißes Felsplateau, von wo aus man auf die Küstenlinie der senkrechten Felsklippen sehen konnte. Es ging ein wenig bergauf, und bald ließ sich das weiße Plateau von oben herrlich anblicken.
Badespass im Royal National Park in Sutherland
Wenig später saßen auf einer großen ebenen Felsplatte drei müde Wanderer, vor deren Beinen es wohl an die hundert Meter in die Tiefe ging. Auf einer weiteren Felsklippe machten wir ein paar gewagte Aufnahmen in kühnen Positionen zum Abgrund. Der Weg verlief auf und ab, und als wir einmal nahe am Wasser an großen Felsblöcken vorbeikamen, legten wir eine Essenspause ein. Danach marschierten wir wieder bergauf. Jeder Schritt veränderte die Perspektive des bereits Gesehenen. Das war in dieser atemberaubenden Umgebung noch ein zusätzlich wirkendendes Phänomen. Schließlich kamen wir zumindest für mich zum Topevent des Tages. Strahlend weiße quaderförmige Felsblöcke türmten sich wie gemeißelt zu gewaltiger Höhe auf. Von den jeweiligen Kanten ging es schnurstracks in die Tiefe. Jeder wollte hier sein Erinnerungsfoto mit nach Hause nehmen. So etwas hatte ich aber vorher auch noch niemals gesehen. Ich war vollends begeistert, und wenn die Wanderung zu diesem Zeitpunkt zu Ende gewesen wäre, hätte ich auch kein Problem bekommen. Doch es ging gnadenlos in dieser Tonart weiter.
Marley Lagoon im Royal National Park
Wir bogen ein wenig ins Landesinnere ab, und in der Ferne ließ sich eine kleine Bucht mit herrlichem Sandstrand ausmachen. Dahinter lagen ein großes Feld mit Sanddünen und die
Marley Lagoon. Nun gingen alle baden. Leider hatte ich weder ein Handtuch noch Badezeug mit dabei, sodass ich mich einfach im Sand sonnte. Der Strandabschnitt war herrlich und das Wasser glasklar. Als Abschluss vor dem Rückweg stand ein Spaziergang über die Dünen am Programm. Starker Wind blies den Sand in die Luft. Ich kam mir vor wie in der Wüste, doch ringsum war Wasser. Wir näherten uns der Lagune. Die Farbkontraste zwischen dem Goldgelb des feinen Sandes, dem dunkelblau schimmernden Wasser und den Grüntönen des Buschlandes waren unschlagbar sensationell. Plötzlich kam ein wenig Stress auf, da zumindest die Polin, die mich eingeladen hatte, und ich selber die letzte Fähre um 19 Uhr erwischen mussten, weil im Auto nicht genug Platz für alle war. So gingen wir los und konnten das ganze Spektakel am Rückweg ein zweites Mal erleben. Mit der Zeit gab es glücklicherweise kein Problem, obwohl wir uns in Bundeena am Strand zu zweit vergangen hatten. Der Felssteig war wegen Flut nicht begehbar, und wir mussten das Stück nochmals zurückgehen. Von ihren Freunden hatten wir uns bereits vorher verabschiedet, sie waren mit dem Auto weiter gefahren.
Herrliche Buschlandschaft im Royal National Park
In der warmen Abendsonne tuckerte schließlich die Fähre an den Steg, nahm uns auf und brachte uns sicher zurück nach Cronulla. Die Überfahrt war sehr schön, obwohl die See nun rauer war als vormittags und ein kräftiger Wind blies. Ich bedankte mich bei der freundlichen Polin und verabschiedete sie, da sie ihren Zug nach Sydney erreichen musste. Selber schaute ich noch einen Sprung am
Cronulla Beach vorbei, den Gloria im Vorfeld so gelobt hatte. Nach dem zuvor Erlebten war dieser Strand für mich jedoch nur ein müder Abklatsch der wunderbaren Bucht im Nationalpark. Die Zeit war weit fortgeschritten, es war 20 Uhr, und ich startete den Weg zurück nach Hause. Leider navigierte mich das Navi mitten durch Sydney, wo ich mich trotz Ansage einmal verfuhr und wertvolle Zeit liegen ließ. Die Ansagen waren gelegentlich zweideutig und auch zu spät, sodass man nicht mehr rechtzeitig darauf reagieren konnte. Gloria rief mich schon sorgenvoll an, aber schließlich kam ich heil und gesund nach einem sensationellen Ausflug zurück nach Narraweena.
Benito der kleine Wellensittich von Gloria (Australian Budgerigar)
Wegen meiner bevorstehenden Abreise aus Sydney, alleine hinaus in die „Wildnis“ Australiens, war ich ein wenig angespannt. Ich wusste natürlich, dass alles gut gehen würde, doch eine gewisse Nervosität war nicht zu leugnen. Die Frage lautete immer, wie hoch der persönliche Energieaufwand für die täglichen Aktivitäten sein würde? Am meisten beschäftigte mich das Thema der täglichen Unterkünfte. Da ich kein typischer Backpacker bin, schied die Variante der Hostels in den meisten Fällen von vornherein aus. Blieben die Motels und die sündhaft teuren und oft miesen Hotels über. Mir war bewusst, dass ich mich nur in die Reise „hinein“ lassen musste, und sich alles regeln würde. Doch Unsicherheit kann Angst erzeugen oder?
Aus diesem Grund hatte ich leider auch schlecht geschlafen und war nicht wirklich entspannt am Morgen. Die Abreise war für den nächsten Tag geplant. Ich hatte noch nicht einmal meinen Plug-In-Stecker fürs mobile Internet probiert, das musste ich unbedingt vor der Abreise checken. Die Anleitungen in englischer Sprache waren mir ein Gräuel, schon auf Deutsch kann ich mich für so etwas nicht begeistern, doch meine Sorge war unbegründet. Alles klappte wie am Schnürchen. Somit war der Internetzugang für alle Bereiche, wo der australische Provider Telstra ein Netz aufgezogen hatte, gesichert. Das nahm mir den ganzen Ärger mit schlechten oder fehlenden Verbindungen in den Unterkünften von den Schultern.
Da teilte mir Gloria plötzlich mit, dass sie an meinem Abreisetag in der Früh nicht zu Hause sein würde. Das war eine neue Information, und stressen wollte ich mich schon gar nicht lassen zeitig am Morgen. Daher schlug sie vor, die Abreise um einen Tag zu verschieben, was ich auch spontan tat. Ich hatte kein Problem damit, in der „geschützten“ Zone einen Tag länger zu verweilen. Wir fuhren nochmals in die Shopping-Mall. Die Bank, bei der ich wochenlang immer wieder Bargeld über den ATM gezogen hatte, verweigerte plötzlich mit dem Hinweis, dass meine eigene Bank diese Dienstleistung nicht mehr anböte, die Ausgabe von Bargeld. Das war keine sehr gute Situation. Ich hatte aber auch schon gelegentlich von anderen Reisenden gehört, dass aus scheinbar heiterem Himmel plötzlich unerklärbare Phänomene bei diversen ATMs vorgekommen wären. Trotzdem wollte ich die Situation klären und ging in das Bankinstitut. Die Hilfestellung blieb, wie nicht anders zu erwarten war, spärlich bis nicht vorhanden. Man redete sich auf meine Bank in Österreich aus. Nachdem ein weiterer Versuch nicht klappte, probierte ich es beim ATM daneben. Dort gab es kein Problem. Später kontaktierte ich meine Bank, die auch keine Ahnung hatte, was los war. Man riet mir, nachdem das Überziehen des Rahmens oder der wöchentlichen Maximalsumme ausgeschieden waren, eine Nummer in Österreich anzurufen, wo ich angeblich sofort Unterstützung hätte bekommen können. Warum die Bank das nicht für mich tat, blieb mir verborgen. Kein Wunder, dass ich auf diese Vereine nicht gut zu sprechen bin. Ich rief die Nummer nicht an.
Am späten Nachmittag unternahmen wir noch eine Spazierfahrt zu ein paar nördlichen Stränden. Das Wetter war bewölkt und ein wenig triste.
Narrabeen Head liegt nördlich des Long Reef Strandes und bildet auch gleichzeitig den Eingang zu den Narrabeen Lakes. Ich wanderte ein wenig auf den Felsplatten vor der Küste, die ein Habitat für unzählige Tiere darstellen, umher. Daneben lag wieder ein Rock Pool zum sicheren Schwimmen. Das Wasser dort drinnen gefiel mir ganz und gar nicht, es schien nicht sauber zu sein. Vielleicht war auch nur das trübe Wetter für die schlechte Farbe verantwortlich. Wir stiegen auf einer Holztreppe den Hügel zur Landzunge hinauf, von wo aus die Sache schon besser aussah. Auf der anderen Seite liegt der von Felsplateaus gesäumte
Turimetta Beach. Der Blick hinunter aufs Wasser und auf das kleine Kap am nördlichen Ende des Strandes war nicht unspektakulär. So folgten wir ein wenig dem Coastal Walk und den Wetlands bis wir wieder in bewohntes Gebiet kamen. Mit dem Auto fuhren wir noch weiter ein Stück Richtung Norden, bis wir zum ebenfalls wunderschönen
Warriewood Beach kamen. Die mittelgroße Bucht weist eine regelmäßige U-Form auf, und trotz des herbstlich anmutenden Wetters, gab es durchaus Betrieb im Wasser. Es war beneidenswert, wie sich hier ein schöner Strand an den nächsten reihte, umgeben von zahlreichen kleinen und großen Naturreservaten. Ich fand den Eingang zum Strand vom Hügel aus erst nach einiger Irrfahrt. Eine steile enge Straße führte in die Tiefe. Nach diesen Besichtigungen verabschiedete ich mich endgültig von den Northern Beaches in Sydney und wir fuhren nach Hause.
Mein letzter Tag in Sydney Narraweena war angebrochen. Ich hatte lange geschlafen und begann gleich nach dem Aufstehen mit den ersten Vorbereitungen für meine Abreise. Nun war es unwiderruflich, ich würde mich am nächsten Morgen endgültig aus Sydney und Umgebung verabschieden. Während Gloria in ihrer Arbeit weilte, erledigte ich noch meine Abschlussarbeiten am PC. So viel Zeit würde mir in Zukunft dafür nicht mehr zur Verfügung stehen.
Im Nordwesten Manlys liegt der
Manly Dam Park, wohin unser allerletzter Ausflug führte. Es gab eine so große Anzahl unentdeckter Kleinode in dieser Gegend, dass ich nur so staunte. Der Park war ein großes Schutzgebiet mit einem seeähnlichen Staubecken in seiner Mitte. Eine Reihe von Wanderpfaden führte durch das Gebiet. Ich wählte unter dem Murren von Gloria einen aus. Ihr war jeder Weg zu lang, egal wie kurz er auch war. Wir gingen einen nicht ewig langen Nature Trail ein wenig bergauf. Am Weg lagen seitlich immer wieder riesige Felsblöcke oder kleine Formationen, die früher von den Aborigines genutzt wurden. Die Gegend ist eine alte Heimatstätte der Ureinwohner Australiens. Am Ende des Weges kamen wir wieder zum Wasserreservoir, das von einer kleinen Staumauer begrenzt war. Eine bunte Tafel mit Bildern dokumentierte alle Vogelarten, die hier heimisch waren. Da waren die buntesten Geschöpfe darunter, und schön langsam lernte ich den einen vom anderen zu unterscheiden. Ich überquerte noch die Staumauer und dann machten wir uns auf den Weg zurück. Da hieß es nunmehr, meine sieben Sachen zusammenzusuchen, und alles zweckdienlich zu verstauen. Mit dem Auto war es viel leichter, ich musste nicht immer alles in den Koffer zwängen.